In diesem Jahr war mir Diana schon recht hold. Ich konnte mich nicht beklagen. Einige Böcke konnte ich bereits im Mai/Juni erlegen. Am 9. Juni suchte ich nach einem Sitz der für Fuchs-oder Sauenanblick günstig wäre. Ich entschied mich für einen alten Scherensitz an einem Backlauf stehend. Keiner meiner Mitjäger sitzt gerne darauf, denn das Wasserplätschern drückt den Männern auf die Blase 🙂
Mir macht das nicht aus. Gegenüber des Sitzes ist ein größeres undurchdringliches Schilfgebiet. Nur im Winter, wenn es wirklich gefroren hat, kann man dies zur Fuchstreibjagd durchdringen. Sonst ist es so nass, matschig und mit Bächen durchzogen, dass ein durchgehen nicht möglich ist.
Meine Freundin S.D. saß ebenso an. Sie sollte endlich einen Bock schießen – ihren ersten wohlgemerkt!
Die Wiese vor mir war frisch gemäht. Ob der Bauer heut wohl noch zum Aufrechen kommen würde? Egal – Füchse suchen gerne auf frisch gemähten Wiesen nach Mäusen etc. Ich saß erst gegen 20.00 Uhr – früher hatte ich es an diesem Tag nicht geschafft. Für Rehwild fast schon zu spät. Aber das war ja nicht beabsichtigt – und gesehen hatte ich im Vorfeld hier nur Geiß und Kitz.
Um 21.06 Uhr schrieb ich an Steffi folgende WhatsApp: „Eigentlich kann ich heimgehen – gerade hat mich ein fremder Labrador verbellt!“. So war es auch. Ein Päarchen kam mit Hund am Sitz vorbeigelaufen. Der Hund sah mein Auto und fing an dieses zu verbellen. Erst einige Meter später sahen Frauchen und Herrchen mich sitzen und sagten:“ Entschuldigung – wir wußten nicht, dass hier jemand sitzt! Sollen wir zurückgehen?“ Ich verneinte dies leise und sagte, sie sollen einfach weitergehen 🙁
Um 21.37 Uhr fiel ein Schuss im Nachbarrevier. Steffi schrieb:“ Hast du geschossen?“ – Antwort:“War der Nachbar!“.
Wind kommt auf! Es ist für die Jahreszeit viel zu kalt! Doch dann plötzlich tritt ein Stück Rehwild aus dem Schilf aus. Na ja – doch wenigstens etwas Anblick. Ein Schmalreh…..
Einige Minuten später sichert das Schmalreh immer über die Wiese zur anderen Seite. Mich kann es aber nicht wittern…..da seh ich ein weiteres Stück Rehwild. Es steht genau hinter einen großen Betonstrommasten…..männlich oder weiblich????? Ein Schritt nach vorne – ein Bock! Und was für einer! Na den kann ich beim besten Willen nicht laufen lassen. Gewehr gespannt (Bockbüchsflinte), in Anschlag…..aber der Bock zieht und bleibt nicht stehen…..Das Schmalreh springt in das Schilfgebiet – da will er wohl hinterher! Ich schrei ihn an – keine Reaktion – er zieht langsam weiter. Kurz vor dem Schilf ruf ich nochmals – keine Sekunde lang verhofft er und die Kugel verlässt meine Läufe. Der Bock springt ab…..es kracht im Schilf……Ruhe!
22.00 Uhr – WhatsApp von Steffi :“Warst du das? Wieder ein Bock?“ Antwort von mir: „Ja – muss nachsuchen!“
Ich fuhr heim…..Da musste Dax ran. Er war noch nicht gefüttert. Annabelle hatte ihr Abendmahl schon eingenommen und mit vollem Bauch…..
Also Schweißleine, Taschenlampe, Dax und Wanne ins Auto – Gummistiefel anziehen….los.
22.10 Uhr – Anschuss untersucht – Lungenschweiß! O.K. der liegt, aber wo? Dax am Riemen – untersucht gleich den Anschuss mit hoher Nase, denn der Schweiß ist in ca. 1,40 m Höhe am Schilf 🙂 Und es geht los. Dax ist voll drauf, aber nach wenigen Metern lag ich zum ersten Mal im Matsch. „Dax hierher – so geht das nicht!“ Der Riemen verhedderte sich im Schilf…..“Dax – da musst du Frauchen anders helfen!“. Riemen runter, Glöckchen an die Halsung (Bringsel vergessen 😯 ) „Dax – wo ist der Bock?“ Klingeling, klingeling….verschwand Dax im Schilf und in der Nacht……
Plötzlich kam das Klingeln wieder näher! „Dax – wo ist der Bock?“ Und Dax lief wieder den gleichen Weg davon. Über Wassergraben, Matschlöcher…..volles Programm. Dann nach ca. 80 – 100 m – lag er nun der Bock. Dax saß daneben. „So ist´s Brav mein Bub!“ Und ich drückte erst mal meinen Hund. Dann sah ich den Bock an! „Lieber Gott ich danke dir!“ Und da flossen auch ein paar Tränchen! Der Schuss saß sehr gut! Hinter den Blättern – unterm Rücken!
Die Höhe der Trophäe hatte ich ja gesehen, aber das das so ein guter und alter Erntebock war, konnte ich im Eifer des Gefechtes nicht so schnell ansprechen – war ja auch ca. 150 m. weg.
Nun kam der schwerere Teil der Nachsuche! Rücktransport. Bis zum ersten Wassergraben – dann ging bei mir nichts mehr. Dax wich mir nicht von der Seite. Ich rief meine Mitjäger an. Einer war schon Zuhause und sagte:“ Ich komme sofort“. Er war total begeistert, als er bei mir angekommen war und wir fielen uns in die Arme! „Waidmannsheil Jagdherrin!“ „Waidmannsdank!“
Er ließ es sich nicht nehmen, die Beute selbst über die Gräben zu transportieren. Dax hatte ich im Schlepptau, denn er wollte von seinem Bock nicht weg. Steffi schrieb um 22.44 Uhr „Brauchst du Hilfe?“ Ich antwortete:“ Ja – zum Todtrinken!“
Das hat dann wirklich etwas länger gedauert. Und das Haupt wurde noch in der gleichen Nacht ausgekocht – wir waren alle neugierig.
Ein tolles Jagderlebnis nach 27 Jahren Jagd. Mein Vater hätte sich total mit mir gefreut. Ihm war so ein Bock in seiner langen Jagdzeit nie vor die Büchse gekommen!
Wildbretgewicht 20 kg, Alter ca. 7-9 Jahre, Kiefer mit Abschliff (den gibt es bei uns kaum), Nasenbein bis fast vorne verknöchert. Gehörngewicht nach 10 Tagen (trocknen) noch 440 gr.
Mit Dax habe ich dann einige Tage später noch ein paar Erinnerungsfotos gemacht. Damit ist dieses Jagderlebnis auch festgehalten!
P.S. Steffi hatte leider keinen Anblick – aber das kommt bestimmt noch! Waidmannsheil!